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                Date: 2001-02-16
                 
                 
                DE: Mehr Befugnisse für den BND
                
                 
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      Christiane Schulzki-Haddouti 16.02.2001  
Rot-Grün erweitert die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes  
Eigentlich forderten die obersten Verfassungshüter der Republik eine  
deutlich verbesserte Kontrolle der Lauscher, als sie ihr Urteil am 14.  
Juli 1999 verkündeten. Es ging um das  
Verbrechensbekämpfungsgesetz bzw. das G-10-Gesetz, das 1994  
verschärft worden war. Mitte Januar legte das Bundeskabinett das  
überarbeitete Gesetz samt Begründung vor. 
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... 
Journalisten hatten gegen die Praxis des Bundesnachrichtendienstes  
geklagt, mittels Suchbegriffen den Fernmeldeverkehr ins Ausland  
abzuhören. Auch hatte der Hamburger Strafrechtsprofessor Michael  
Köhler kritisiert, dass der BND Straftaten an die Polizei weitermelden  
muss. Dadurch werde die verfassungsrechtliche Trennung von  
Geheimdiensten und Polizei unterlaufen.  
 
Die Richter stimmten der Kritik teilweise zu. So sollten die Daten an  
die Polizei nur noch unter bestimmten Voraussetzungen übermittelt  
werden. Die entsprechenden Informationen müssen bei Polizei und  
Staatanwaltschaft klar als Daten des BND gekennzeichnet werden.  
Auch müssten Datenübermittlung und Datenvernichtung genau  
protokolliert werden. Die Richter rügten zudem, dass bisher  
Abgehörte in keinem einzigen Fall informiert wurden.  
.... 
Harte Kritik kommt nun auch seitens von Datenschützern und  
Anwälten. Sönke Hilbrans vom DVD (Deutsche Vereinigung für  
Datenschutz e.V.) und Wolfgang Kahleck vom RAV  
(Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein) bezeichneten in  
einer gemeinsamen Erklärung die Novelle als  
"Verschlimmbesserung": Die Bundesregierung habe mit der  
Überarbeitung die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND)  
erneut erweitert:  
 
"Neu im Arsenal der Überwachung der internationalen  
Telekommunikation ist vor allem die Befugnis, nunmehr nicht nur  
Satelliten- und Funkverbindungen ohne Anlass abzuhören, sondern  
auch den internationalen Leitungsverkehr."  
... 
 
Noch Ende 1998 hatte BND-Chef August Hanning vor dem  
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angegeben, der Dienst höre  
von täglich acht Millionen Telefonverbindungen zwischen dem  
Ausland und Deutschland nur 10 Prozent ab, da Daten via Kupfer-  
oder Glasfaserkabel dem Zugriff entzogen seien. Die Ausbeute  
damals: Rund 700 Verbindungen würden "nach Zufallsprinzip"  
maschinell nach Suchbegriffen überprüft. 
.... 
In der Gesetzesbegründung heißt es, dass sich die Beschränkung  
auf Satellitenverkehr und Richtfunkverkehr aus der Situation, die der  
Gesetzgeber 1994 vorgefunden hat, erkläre. Damals erschien die  
Beschränkung auf Satellitenverkehr und Richtfunkverkehr "ergiebig  
genug", um Erkenntnisse gewinnen zu können. Inzwischen spiele  
jedoch Richtfunkverkehr in Mitteleuropa so gut wie keine Rolle mehr.  
Der Anteil des Satellitenverkehrs an der internationalen  
Telekommunikation nimmt seit 1997 rapide ab. In einigen Regionen  
liegt er unter 10 Prozent.  
 
Herkömmliche Kabel und Lichtwellenkabel werden jedoch verstärkt  
genutzt. Sie lassen höhere Übertragungsraten zu. Für die Kabel  
spricht zudem, dass paketvermittelte Kommunikation wie die  
Internetkommunikation nur dann sinnvoll abgehört werden kann,  
wenn der Lauschangriff an der letzten Vermittlungsstelle vor dem  
Empfänger einsetzt, wo die verschiedenen Pakete wieder zusammen  
gesetzt werden oder man eben alle Übermittlungswege anzapft.  
Wenn der Bundesnachrichtendienst jedoch nur einen Teil der  
Telekommunikation erfasst, "bleibt er sinnlos und unverwertbar", so  
die Gesetzesbegründung.  
 
Nach Angaben der Bundesregierung fallen derzeit täglich weltweit  
mehrere Milliarden Telekommunikationen an. Davon werden circa 50  
Millionen von und nach Deutschland geführt. Die Empfangsanlagen  
des Bundesnachrichtendienstes können täglich circa 100.000  
Telekommunikationen erfassen und in die Wortbank leiten. Darunter  
befinden sich rund 750, die von oder nach Deutschland geführt  
werden. Rund 40 dieser 750 Telekommunikationen enthalten  
Suchbegriffe aus einer Anordnung, die dann von Mitarbeitern des  
Bundesnachrichtendienstes inhaltlich und rechtlich geprüft werden.  
Als Ergebnis der Prüfung werden rund 37 Telekommunikationen  
sofort vernichtet, 3 werden täglich der weiteren Auswertung  
zugeführt.  
 
Anteilerhöhung  
 
Da das Bundesverfassungsgericht es bislang als Vorteil ansah, dass  
bei der strategischen Fernmeldekontrolle nur 10 Prozent der  
internationalen Telekommunikationen erfasst wurde, kündigte die  
Bundesregierung an, dass nun in einer Anordnung festgelegt werden  
sollte, welcher Anteil auf den festgelegten Übertragungswegen  
überwacht werden darf. Dieser Anteil dürfe höchstens 20 Prozent  
betragen.  
 
Den höheren Prozentsatz verteidigte die Bundesregierung damit,  
dass aufgrund der Paketvermittlung mehr Telekommunikation erfasst  
werden muss, um alle Pakete zusammenfügen zu können. Nach  
Ansicht von DVD und RAV ist allerdings "die Diskussion um die  
Anhebung dieser Obergrenze schon heute abzusehen". Nicht das  
Gesetz, sondern das Budget der Dienste beschreibe künftig die  
Grenzen des heimlichen Abhörens.  
.... 
Hinzukommen nun mit der Novelle neue Überwachungsziele:  
Geiselnahmen im Ausland oder die Vorbereitung von Partei- und  
Vereinsverboten. Auch Zufallsfunde über Castor-Gegner und - 
Gegnerinnen oder Neofaschisten können nun den Weg zu den  
Polizeibehörden finden. Damit verliere jedoch die Trennung von  
Polizei und Geheimdiensten weiter an Bedeutung. Neu ist, dass die  
Bundesbehörden nun auch spontan Informationen an den BND  
weitergeben können.  
 
Gratwanderung  
 
Bundesdatenschützer Jacob bezeichnete es als Problem, dass "nun  
nicht mehr nur Mitglieder terroristischer Vereinigungen belauscht  
werden können, sondern auch Einzeltäter, die Mord, Totschlag,  
räuberische Erpressung planen". Für Jacob ist das eine schmale  
Gratfwanderung zwischen geheimdienstlichem Informationsrecht und  
polizeilichen Befugnissen. Interessanterweise scheiterte ein  
ähnlicher Vorstoß schon 1994 unter der konservativen-liberalen  
Regierung am Widerstand des Parlaments.  
 
Bessere Kontrolle  
 
Zwar wurde gleichzeitig die Kontrolle durch die parlamentarischen  
Gremien aufgewertet, aber, so die kritischen Rechtsanwälte und  
Datenschützer, die Kontrollmechanismen verlören an Wert, wenn die  
Kontrollmaßstäbe abhanden kommen:  
 
"Wo es zunehmend weniger gesetzlich geregelte  
Schrankenüberwachung gibt, kann auch keine Kontrolle diese  
Schranken verteidigen."  
... 
 
mehr 
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4941/1.html
                   
 
 
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edited by Harkank 
published on: 2001-02-16 
comments to office@quintessenz.at
                   
                  
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